Ist Polyneuropathie heilbar?
Nervenzellen können sich zwar teilweise regenerieren, aber weniger gut als andere Körpersysteme. Es ist individuell unterschiedlich und hängt von vielen Faktoren ab, ob bei einer Polyneuropathie eine Heilung möglich ist.
Der kritischste Faktor für die Heilungschancen ist, wie schnell die Ursache der Polyneuropathie beseitigt wird. Ist eine komplette Beseitigung nicht möglich, dann muss zumindest der Auslöser möglichst gut unter Kontrolle gebracht werden (beispielsweise bei Diabetes).[1]
Grundsätzlich gilt: bei schwach ausgeprägten Symptomen und schnellem Beseitigen der Ursache bestehen gute Heilungschancen der Polyneuropathie. Jahrelange, immer schlimmer werdende Beschwerden sind jedoch ein Zeichen dafür, dass die Neuropathie über einen längeren Zeitraum immer weiter vorangeschritten ist. In solchen Fällen liegt der Hauptfokus auf einer Verhinderung weiterer Schäden. Eine Verbesserung ist zwar auch dann möglich, aber eine vollständige Regeneration ist bei starken Nervenschäden sehr unwahrscheinlich.
Langwieriges finden der Ursache verzögert die Behandlung
Um Neuropathie zu heilen, müsste als aller erstes die Ursache gefunden werden.
Da starten in der Regel jedoch bereits die Probleme, da die Ursache oft schwierig festzustellen ist.
Regelmäßig kann der Arzt gar keine Ursache finden. Das ist bei circa einem Drittel der Neuropathiepatienten der Fall. Die medizinische Diagnose lautet „idiopathische“ Neuropathie, was bedeutet „ohne bekannte Ursache“.[2] Das ist verdammt viel. Es verdeutlicht, wie schwer es sein kann, die Ursache einer Neuropathie ausfindig zu machen.
Jedoch ist das Finden der Ursache der erste Schritt zur Behandlung. Ohne diesen Schritt ist eine Heilung nicht möglich. Ohne eine konkrete Diagnose der Ursache tappt man im Dunkeln und kann höchstens vermuten, dass gewisse Faktoren zur Neuropathie beitragen.
Man kann sich zwar entscheiden, gesünder zu leben und weniger Alkohol zu trinken, um nervenschädige Faktoren zu reduzieren. Solange die Ursache der Neuropathie aber nicht beseitigt ist, werden die Nervenschäden jedoch trotzdem wahrscheinlich weiter fortschreiten.
Ausführliches Arztgespräch ist essentiell
Ein wichtiger Schritt beim Finden der Ursache ist eine ausführliches Erstgespräch beim Arzt.
Dazu gehört zum einen eine genaue Befragung zu Symptomen und der Krankheitsgeschichte. Auch Lebensumstände, beruflichen Tätigkeit, und Ernährungsgewohnheiten können wichtige Hinweise auf die Ursache liefern.
In diesem Prozess erkennst du bereits einen guten Arzt. Er sollte diesen Teil ernst nehmen und dafür viel Zeit einräumen. Bei den späteren diagnostischen Tests hilft es ungemein, bereits Hinweise zur Ursache zu haben, anstatt völlig im Dunkeln zu tappen.
Die Diagnose kann aufwendig sein
Bei der Diagnose muss zunächst bestätigt werden, dass die Symptome tatsächlich durch Neuropathie verursacht werden.
Gerade bei motorischen Symptomen, wie Muskelschwäche und Bewegungsproblemen, ist es anhand der Symptome allein nicht möglich zu sagen, ob eine Schädigung motorischer Nerven, oder der Muskeln selbst vorliegt. Nervenschäden lassen sich in der Regel mit Tests, die die Funktion der Nerven überprüfen, feststellen. Auch bildgebende Verfahren, wie MRT oder CT können helfen, Nervenschäden zu detektieren. In seltenen Fällen können Biopsien (Gewebeentnahmen) notwendig sein.[3]
Können Nervenschäden nachgewiesen werden, kommt der schwierige und kritische Teil der Diagnose – die Ursache für die Neuropathie zu finden. Es gibt viele Ursachen von Neuropathie und eine noch viel größere Zahl diagnostischer Tests, um die Ursache nachzuweisen. Aus diesem Grund ist eine ausführliches Arztgespräch so wichtig: im Idealfall schränkt sie die Zahl der notwendigen Tests stark ein.
Ein großes Blutbild ist in jedem Fall ein guter Anfang und kann Hinweise auf gesundheitliche Probleme geben. Blutzuckertests und Nierenfunktionstests helfen, häufige Ursachen von Neuropathie zu identifizieren oder auszuschließen.
Es ist außerordentlich wichtig, dass die Ursache der Neuropathie eindeutig diagnostiziert wird. Sollte dein Arzt nicht in der Lage sein, die Ursache zu finden, musst du einen anderen Arzt aufsuchen. Dies kann z. B. ein Arzt aus einem anderen Fachgebiet, oder mit Spezialisierung auf die von dir erlebten Neuropathiesymptome sein. Während ein Neurologe beispielsweise ein guter Ansprechpartner für Neuropathie im Allgemeinen ist, kann er bei konkreten Spezialfällen überfragt sein.
Beseitigen der Ursache – grundlegender Schritt zur Heilung
Die Beseitigung der Ursache ist in manchen Fällen einfacher, als in anderen. Wird die Neuropathie durch toxische Substanzen, wie z. B. Medikamente, Alkohol oder Schwermetalle verursacht, muss der Kontakt zu dem Toxin vermieden werden.[4],[5] Das klingt offensichtlich, kann aber in der Praxis oft schwer umsetzbar sein.
Chemotherapie bei Krebs oder HIV-Medikamente sind beide bekannt dafür, Neuropathie zu verursachen.[6] Obwohl man das weiß, kann man nicht viel dagegen tun, da diese Medikamente lebensrettend sind und es oft keine nervenschonenderen Alternativen gibt.
Wahrscheinlich weiß jeder Alkoholiker bereits vor dem Auftreten von neuropathischen Symptomen, dass er mit dem vielen Alkohol seinem Körper nichts Gutes tut. Die Beseitigung der Ursache scheint also einfach in der Theorie, ein Entzug lässt sich jedoch nicht immer so einfach umsetzen. Durch Beenden des Alkoholkonsums und durch Ausgleichen eventueller Vitamindefizite kann das Fortschreiten der Neuropathie jedoch sehr effektiv gestoppt werden.[7]
Bei einem Vitamin B12-Mangel muss das Vitamin supplementiert werden, bis der Mangel behoben ist.[8] Wenn die Ursache des Mangels nicht eindeutig bestimmt oder beseitigt werden kann, muss der Vitaminstatus weiterhin beobachtet werden, um einen erneuten Mangel vorzubeugen. So lassen sich zumindest weitere Nervenschäden gut verhindern.
Wenn eine fortschreitende Krankheit Ursache der Neuropathie ist, ist der Auslöser ebenfalls nicht so einfach zu beseitigen. Die Krankheit muss so gut wie möglich behandelt und kontrolliert werden, dies ist jedoch nicht in allen Fällen ausreichend.
Ein gutes Beispiel dafür ist Diabetes. Die Erkrankung zeichnet sich durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel aus. Entsprechend wird sie unter anderem durch blutzuckersenkende Medikamente behandelt. Leider schreitet die Neuropathie in vielen Fällen trotz guter Blutzuckerkontrolle weiter voran.[9],[10],[11]
Das Problem ist, dass nicht die Ursache von Diabetes, sondern nur das Symptom (der hohe Blutzuckerspiegel) behandelt wird. Um das Fortschreiten von Diabetes und seiner Folgekrankheiten wie Neuropathie in den Griff zu bekommen, muss man daher an der Ursache ansetzten.
Diabetes Typ 2 ist die Folge einer falschen Ernährung und Lebensstils. Daher sollte eine Behandlung genau dort ansetzen. Eine kohlenhydratarme Ernährung, die vor allem Getreide und Zucker ausschließt, ist ein guter Anfang.[12],[13],[14]
Heilung von Neuropathie ist nicht garantiert, aber möglich
Es gibt unzählige Ursachen für Neuropathie und entsprechend viele Behandlungsmöglichkeiten.
Auf alle Optionen einzugehen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Jedoch findest du viele weitere Informationen hier auf Neuroklar.
Generell solltest du Neuropathie möglichst frühzeitig angreifen. Jede weitere Woche und jeder weitere Monat vermehrt die Nervenschädigungen, die immer schwieriger aufzuhalten sind.
Wer frühzeitig reagiert, kann die Krankheit in einem früheren Stadium stoppen. Mit etwas Glück bilden die Symptome sich zurück. Wenn nicht, so lassen sich die restlichen Symptome leichter unter Kontrolle bringen, als wenn man den Ursachen der Neuropathie über weitere Zeit hinweg freie Bahn für die Schädigung der Nerven gelassen hätte.
An dieser Stelle empfehle ich dir auch, dir meinen Onlinekurs anzuschauen, der sich im Detail mit der Diagnose und Therapie der verschiedenen Ursachen von Neuropathie auseinandersetzt. Ziel ist, möglichst viel Lebensqualität wiederherzustellen und eine weitere Verschlimmerung zu verhindern.